Eine Hoch auf den Valentinstag gab es in der Villa Stützel. Dabei drehte sich alles um die Liebe! Musikalisch versteht sich. Und weil das eine solch verlockende Angelegenheit ist, waren nahezu alle Plätze im Salon belegt. Überwiegend von Pärchen jedweden Alters, die sich von musikalischer Liebeslyrik inspirieren lassen wollten. Die Liebe lässt eben niemanden los. Musiker aller Zeiten sorgten für entsprechende Hymnen. Erinnert sei an Schuberts "Selig durch die Liebe" und an Samuel Bächlis Bach-Kantaten-Oper "Triumph der Liebe".
Genauso überschrieb das belgische Ensemble "Les Abbagliati" seine italienischen, französischen, deutschen und spanischen Ständchen, die inhaltlich wie melodisch nicht so weit von Percy Sledges "When a Man loves a Woman" und Sinead O’Connors "Nothing Compares" entfernt sind. Von Alannah Myles legendärem "Black Velvet" ganz zu schweigen. Alles ist möglich, mag doch der Heilige Valentin an seinem Ehrentag nicht nur Blumen.
Blumen gibt es bei der kleinen Soirée im Salon der Villa selbstredend auch, als bunter Tulpenstrauß in der Vase.
Wichtiger freilich, die anmutige Musik, dem Barock entnommen, von den Musikern und ihrer Sopranistin zeitenthoben und mit Hingabe interpretiert. Kleine Einschränkung: Sopranistin Soetkin Elbers tritt im barocken Gewand vor das Publikum, verlebendigt durch Mimik und Gestik das Lebensgefühl des 17. und 18. Jahrhunderts.
Das Cembalo spielt auf, gefolgt vom Cello. Elbers singt Vivaldis "Amor hai vinto" - "Du hast die Liebe gewonnen" (RV 683). Im Salon wird es ganz still und auch bei Francois Couperins sechs kleinen Tänzchen lauschen die Gäste konzentriert der schönen Musik.
Dann erneut Vivaldi: vom "Zittern im Arm" (RV 799). Auch ein Liebeslied, denn Zittern in den Armen und Tränen in den Augen waren einst Zeichen der Liebe, sozusagen das "Candle In The Wind" des Barock. Modernes gab es vor 400 Jahren ebenfalls: In Montéclairs Kantate "Le dépit généreux" erkennt eine betrogene Frau, wie glücklich und frei sie ohne Mann sein kann.
____
(c) Aalener Kulturjournal 3.12.2018
"Advent, Advent, ein Lichtlein brennt!" oder wie wäre es mit "Alle Jahre wieder" und "Es wird scho glei dumpa"? Adventszeit ist Musikzeit. Konzerte füllen die Wochenenden und überall spielt mehr oder weniger die gleiche Musik. Schön, aber darf es auch mehr sein? In der Aalener Villa Stützel schon, denn hier ergänzten sich gleich drei Dinge auf ideale Weise: bezaubernde Musik, exquisite Musiker und ein aufmerksames Publikum. Ein Adventskonzert brachte sie zusammen, indes erinnerte die Musik wenig an traditionelle adventliche Weisen. Dafür standen Kompositionen von Meister Bach und Freund Telemann auf dem Programm. Herausfordernd gar mit "Bach versus Telemann" überschrieben. Zur Beruhigung - kein Schlagabtausch in welcher Art auch immer, dafür aber ein Miteinander vom Feinsten, ein musikalischer Austausch, der aufhorchen lässt, weil er die Grenzen zwischen den beiden Komponisten verwischt und zugleich aufzeigt. Vielversprechendes Hochbarock.
Dazu bittet das Ensemble "4 Times Baroque", vier junge Musiker, die zu aller Überraschung und zum Auftakt das Nonplusultra Bachscher Schaffenskraft anstimmen, die "Kunst der Fuge", genauer den "Contrapunctus 9 alla Duodecima". Hochtemperierte Musik, bei der manch gestandener Musiker noch immer feuchte Hände bekommt. Zurecht, wie Alban Berg bereits 1928 betonte: "Gestern Kunst der Fuge gehört. Herrlich!! Ein Werk, das bisher für Mathematik gehalten wurde. Tiefste Musik!" Folgerichtig macht sich auch im Salon der Villa Stützel Begeisterung breit, denn die vier Frankfurter zelebrieren dieses barocke Hochamt höchst feinsinnig, zugleich aber auch virtuos wie eingängig. Die Fuge sei im Ganzen Ruhe, Gebautheit, Schichtung, - nicht atemlose Entdeckung einer Wahrheit, sondern wie sorgfältige die Auslegung eines Dogmas, beschrieb Ernst Bloch, als ob er gerade das Spiel dieses Quartetts gehört hätte.
Bescheiden stehen die Musiker auf der kleinen Bühne der Villa, musizieren, plaudern, erklären. Blockflötist Jan Nigges ist Meisterschüler von Michael Schneider, dem Frankfurter Großmeister der Alten Musik. An der Barockgeige brilliert Jonas Zschenderlein, das Barockcello streicht Karl Simko und Alexander von Heißen sitzt am Cembalo. Sie sind "4 Times Baroque“, und der Name verspricht pures Hörvergnügen! Entspannt spielen sich die Musiker durch die Kompositionen, begeistern mit ihrer Leidenschaft, mit jenem Ausdruck und Klang, der barocker Tradition ganz nahe kommt.
Keine Selbstverständlichkeit, aber ein sinnlicher Genuss für die Zuhörer, denen Bach und Telemann tänzerisch, distanziert oder auch einnehmend entgegenkommen, gewiss aber immer
artifiziell. Ein wenig bevorzugt wird indes Telemann. "Weil er Frankfurter war, wie wir es sind", begründet Nigges schmunzelnd, um ohne weitere Worte zu Georg Philipp Telemanns "Trisonate a-Moll" zu wechseln, der er später noch Bachs "Trisonate g-Moll" zur Seite stellt. Ein schöner Hörvergleich, der zugleich den Zeitgeist des Barocks spiegelt. Alle kompositorischen Unterschiede mit eingeschlossen, Nigges hebt hierbei Telemanns Vorliebe für charmant klingende Anhängsel im Stile eines polnischen Tanzes hervor.
Den notwendigen kammermusikalischen Spannungsbogen des kleinen Konzerts ist nicht zuletzt den Soloeinlagen geschuldet, unter anderem bei Telemanns Fantasien, bei denen zunächst die Blockflöte geheimnisvoll bedächtig klingend, ein überraschend zartes "Largo" anstimmt (TWV 40:4), graziös im "Presto" an das Cembalo übergibt, um nachfolgend ein verträumtes "Adagio" (TWV33:2) daraus zu entfalten.
Eine wunderbare Soirée voll musikalischer Delikatessen bahnt sich an, die indes nicht nur zwischen Leipzig und Frankfurt pendelt, sondern auch zum Exkurs nach Paris einlädt. Kompositorisch begab sich Telemann mit seiner "Nouveaux Quatuors" 1738 in französische Gefilde, um das Musikerleben an der Seine nachzuempfinden. Sechs elegante Sätze enstanden dabei, vom Quartett traumhaft schön wiedergegeben. Einfach "merveilleux"! Wie übrigens Jonas Zschenderleins überaus bemerkenswerte Violine-Interpretation des "Prestos" aus der Bachschen "Sonate Nr. 1" (BWV 1001), dem die "g-Moll Trisonate" folgt. Einst vom Thomaskantor in d-Moll für drei autonome Orgelstimmen bestimmt (BWV 527), von Michael Schneider neu bearbeitet und so dem Ensemble "4 Times Baroque" wie auf den Leib geschrieben. "Andante - Adagio e dolce - Vivace", mehr Musik geht wirklich nicht!
Ein Irrtum wie sich schnell herausstellt, denn das Quartett steuert mit einer Telemann Trisonate (TWV 42:a4) noch ein weiteres i-Tüpfelchen bei.
Leider war "Bach versus Telemann" bereits das letzte Konzert in der Villa Stützel. Für dieses Jahr wohlgemerkt. Da ist eine musikalische Zugabe selbstredend unumgänglich. Eine richtig adventliche allemal! "4 Times Baroque" stimmen folglich ein englisches Weihnachtslied an: "We Wish You a Merry Christmas". Keine Pop-Art welcher Couleur auch immer, sondern ganz der melodischen Tradition des 16. Jahrhunderts verpflichtet. Amüsant wie temperamentvoll versteht sich. Barock eben.
____
© Schwäbische Post 03.12.2018 17:02
Hochtemperierte Klänge aus dem Barockzeitalter
Adventskonzert In der Aalener Villa Stützel zaubern „4 Times Baroque“ einen kammermusikalischen Abend

Keine altgewohnten Weisen, sondern Kompositionen von Meister Bach und Freund Telemann. Zum musikalischen Hochbarock bittet „4 Times Baroque“, vier junge Musiker, die zum Auftakt die „Kunst der Fuge“ anstimmen, genauer den „Contrapunctus 9 alla Duodecima“.Hochtemperierte Musik, bei der manch gestandener Musiker feuchte Hände bekommt. Zurecht, wie schon Alban Berg weiß: „Gestern Kunst der Fuge gehört. Herrlich! Tiefste Musik!“Begeisterung macht sich breit im Salon, denn die vier Frankfurter zelebrieren dieses barocke Hochamt virtuos und feinsinnig. Pures Hörvergnügen!Entspannt spielen sich Jan Nigges (Blockflöte), Karl Simko (Barockcello), Jonas Zschenderlein (Barockgeige) und Alexander von Heißen (Cembalo) durch die anspruchsvollen Kompositionen, begeistern mit ihrer Leidenschaft für Ausdruck und Klang, mit ihrer artifiziellen Art zu musizieren.Beredtes Beispiel Georg Philipp Telemanns „Trisonate a-Moll“, zu der sich Bachs „Trisonate g-Moll“ gesellt. Ein schöner den Zeitgeist des Barocks spiegelnder Hörvergleich. Trotz der Verschiedenheit der Komponisten.Den kammermusikalischen Spannungsbogen sichern unter anderem Telemanns Fantasien, bei denen die Blockflöte, bedächtig klingend, ein überraschend zartes „Largo“ anstimmt (TWV 40:4), charmant im „Presto“ an das Cembalo übergibt, um daraus ein verträumtes „Adagio“ (TWV 33:2) zu entfalten.Eine Soirée voller Delikatessen, wie der Exkurs an die Seine zu Telemanns „Nouveaux Quatuors“. Sechs elegante Sätze, traumhaft schön intoniert.Das gilt auch für Zschenderleins bemerkenswerte Interpretation des „Presto“ aus der Bachschen „Sonate Nr. 1“ (BWV 1001), dem die „g-Moll Trisonate“ folgt, einst vom Thomaskantor in d-Moll für drei autonome Orgelstimmen ersonnen (BWV 527). „4 Times Baroque“ schöpfen genussvoll ein Neuarrangement aus.Mehr Musik geht nicht? Ein Irrtum, denn mit Telemanns Trisonate (TWV 42:a4) folgt noch ein i-Tüpfelchen. Nicht zu vergessen die adventliche Zugabe: „We Wish You a Merry Christmas“. Zu modern? Keineswegs! Wird doch das Lied im barocken Stil amüsant wie temperamentvoll interpretiert.
____
© Schwäbische Post 07.01.2019 19:40
Mit früher Musik auf einem guten Weg
Konzert Das Ensemble Viatoribus und die Sopranistin Mirjam Striegel in der Villa Stützel.

Renaissance und frühes Barock pur gab es in feiner Darbietung am Sonntagabend in der Villa Stützel: Das Ensemble Viatoribus und die Sopranistin Mirjam Striegel geleiteten ein feinsinniges Publikum ins neue Jahr.
Vorgestellt wurden über 14 Werke und Werklein aus einer Sammlung geistlicher Musik, das 1622 für den fürstlichen Hof in Saarbrücken zusammengestellt und gedruckt wurde. Motetten für eine oder zwei Gesangsstimmen, Instrumentales, von verschiedenen Komponisten unterschiedlicher Berühmtheit. Die meisten Stücke auf der Schwelle von der Renaissance zum frühen Barock, manche karg und für das innere Ohr bestimmt, manches schon lebensfroh und voller dezenten, musikalischen Zierrats.
Claudio Monteverdi war zu hören und einiges von Giovanni Battista Cesena, Rudolpho di Lasso, Gregor Aichinger. Durch das Programm führte mit musikwissenschaftlicher Expertise Katharina Haun.
Frühe Musik pur und beste Vorlage für das vierköpfige Ensemble, seine Fähigkeit zu Gehör zu bringen: filigranes Spiel, zurückhaltender, ins Ensemblespiel eingebrachter Gesang. Mirjam Striegel gestaltete ihre Beiträge mit lieblicher Einfachheit und stimmlicher Schönheit, besonders in den Mezzolagen. John Martling ließ die Theorbe unspektakulär erblühen und übte sich in bassigem Gesang, Philipp Boyle ergänzte mit wohlklingenden Phrasen seiner historischen Posaune. Grandios Katharina Haun mit dem geschmeidig perfektionierten Zink und dienstbaren Blockflöten. Insgesamt ließ das junge Ensemble seinen Namen verstehen: Viatoribus, die auf dem Weg befindlichen – und dass es auf einem guten solchen weit vorangeschritten ist.
____

Die Schwäbische Zeitung berichtet von dem Konzerterlebnis mit Aleksandra und Alexander Grychtolik:
https://www.schwaebische.de/landkreis/ostalbkreis/aalen_artikel,-aleksandra-und-alexander-_arid,10823252.html,-aleksandra-und-alexander-_arid,10823252.html
Und hier noch ein toller Bericht vom Aalener Kulturjournal:
https://www.aalener-kulturjournal.de/theater-musik-kunst/villa-stützel-due-cembalistartseite/
____
© Schwäbische Post 04.10.2017 19:53
Cembalomusik in der Villa Stützel
Konzert Der junge französische Musiker Jean Rondeau gastierte am Tag der Deutschen Einheit in der Villa Stützel in Aalen. Am neuen zweimanualigen Cembalo interpretierte er die bekannten Goldberg-Variationen von Johann Sebastian Bach.
Foto: Peter Hageneder